Stuttgarter Zeitung: Kosovaren im Ausland „Ein großer Verlust für unser Land“
Christian GottschalkDer Außenminister des Kosovo beklagt den Wegzug seiner Landsleute und den Umgang von Serbien mit seinem Land. Innerhalb der EU sieht er Länder, die seinem Land Steine in den Weg legen.
Stuttgart - Seit wenigen Wochen
hat das Kosovo eine neue Regierung. Außenminister Glauk Konjufca erbt viele
Probleme mit Serbien. Innerhalb der EU sieht er auch bei den Staaten, die sein
Land nicht anerkennen, große Unterschiede.
Herr Konjufca, Sie sind seit rund
zwei Wochen im Amt. Kennen Sie schon die größten Baustellen, an denen Sie
arbeiten müssen?
Unsere Regierung hat am
4. Februar die Arbeit aufgenommen. Die Außenpolitik steckte in den vergangenen
Jahren in einer schweren Krise. Es gibt eine aggressive Kampagne Serbiens, die
darauf abzielt, dass Länder die Anerkennung des Kosovo wieder zurücknehmen
sollen. Insgesamt sind zwölf bis 15 Staaten davon betroffen, die meisten im
pazifischen Raum und in Afrika.
Die Beziehung zu Serbien bleibt
also nach wie vor das größte Problem?
Es gibt nach wie vor hohe
Strafzölle für Waren aus dem jeweils anderen Land, aber unser neuer Premierminister
Albin Kurti hat angekündigt, dass wir diese gegenseitig abbauen könnten.
Serbien macht uns aber auch in vielen anderen Bereichen das Leben schwer, zum
Beispiel, wenn es um die Anerkennung kosovarischer Papiere geht.
Am Wochenende wurde eine Absichtserklärung
zwischen dem Kosovo und Serbien zum Bau von Straßen und Eisenbahnverbindungen
unterzeichnet. Ist das ein Neubeginn?
Das geht auf eine Initiative des
US-Botschafters in Deutschland zurück. Richard Grenell hat sich dafür
eingesetzt. Der Dialog zwischen Serbien und dem Kosovo unter der
Schirmherrschaft der EU muss fortgesetzt werden. Der EU-Außenbeauftragte Josep
Borrell hat angekündigt, einen neuen Beauftragten zu ernennen.
Josep Borrell ist Spanier –
Spanien erkennt das Kosovo nicht an. Ist das ein Problem?
Wer in der EU eine herausragende
Position innehat, der agiert unabhängig von bisherigen nationalen Interessen.
Manche hoffen sogar auf einen Vorteil für das Kosovo, weil Herr Borrell seine
Unabhängigkeit gegenüber Madrid demonstrieren könnte. Daran glaube ich nicht.
Neben Spanien erkennen weitere
EU-Mitglieder das Kosovo nicht an. Sehen sie da Bewegung?
Man muss erkennen, dass es große
Unterschiede unter den Staaten gibt, die uns nicht anerkennen. Mit Griechenland
ist das Verhältnis gleichwohl gut, sie akzeptieren auch unsere Pässe. Mit der
Slowakei und Rumänien ist es in Ordnung, Spanien und Zypern versuchen
Hindernisse für uns aufzubauen. Am extremsten ist Zypern.
Ihr Premierminister sucht sehr
die Nähe zu Albanien. Wie eng kann die Verbindung einmal werden?
Unsere Länder verbindet sehr
viel. Geschichte, Kultur, Sprache, wir sind eine Nation. Zusammenarbeit ist
für uns daher sehr einfach. Wir können viele Projekte miteinander voranbringen;
Projekte zum Wohle von uns beiden, die niemand anderem schaden. Das gilt für
die Wirtschaft, den Tourismus und die Landwirtschaft.
Reden wir von Kooperation oder
Einheit?
Ich kann die Zukunft nicht
vorhersehen, ich weiß nicht, was in ein paar Jahrzehnten geschieht. Jetzt geht
es erst einmal darum, unsere guten Beziehungen noch weiter zu vertiefen. Daran
arbeiten wir.
Sie sind auch Minister für die
Diaspora. Wo außerhalb des Kosovo sind die meisten Ihrer Landsleute?
In Deutschland. Da leben mehr als 400000 Kosovaren. Und davon mit mehr als 100000 die meisten in
Baden-Württemberg.
Wünschen Sie sich, dass alle
wieder nach Hause kommen
Ich wünsche mir, dass der Wegzug
aus dem Kosovo zurückgeht. Wir arbeiten hart daran, die Lebensbedingungen zu
verbessern. Bei uns ist Bildung gut und umsonst. Wir investieren viel Geld in
die Ausbildung unserer Leute. Wenn die dann ins Ausland gehen und man dort von
ihren Fähigkeiten profitiert, dann ist das ein ungeheurer Verlust für unser
Land.